Dammkultur nach Turiel: Patentrezept für den ökologischen Ackerbau?

Projekt „Ackervielfalt“ der AbL NRW: Feldtag auf Hofgut Schloss Hamborn

60 Landwirtinnen und Landwirte waren Ende Februar zum Hofgut Schloss Hamborn gekommen, um sich zur Dammkultur nach Turiel zu informieren. Nach einer umfassenden Einführung durch Julian Turiel, dem Entwickler der modernen Maschinentechnik, berichtete Stephan Gehrendes, Fachberater Ackerbau bei Bioland, in seinem Vortrag, welche Erfahrungen er selbst mit der Dammkultur gemacht hat und welche biodiversitätsfördernden Effekte sie haben kann. Es folgte eine Führung zu den Flächen des Hofguts durch Betriebsleiter Enno Eilers. Eilers baut selbst in Dammkultur an.

Nordspanien, die Heimat Julian Turiels: nährstoffarme Böden, wenig Niederschlag, heiße Sommer. Traditionelle Dammkultur, also der Anbau auf aufgehäufelten Dämmen, wurde dort bis in die 70er Jahre praktiziert, dann durch die moderne Maschinentechnik verdrängt. Julian Turiel wuchs mit dieser Anbaumethode auf und entwickelte die Überzeugung: „Was dort funktioniert, funktioniert überall.“ So sah er es als seine Aufgabe – man könnte sagen „Mission“ –, die Dammkultur zu modernisieren und die Anbaumethode nach Deutschland zu bringen. Als Landwirt und Maschinentechniker entwickelte er in den vergangenen 30 Jahren Geräte für diese Anbauform, die er immer weiter ausfeilte. Heute scheint das Interesse an seiner Entwicklung so groß wie nie.

Dämme für ein „Lungensystem“

Doch wie funktioniert die Dammkultur genau? „So viel wie nötig, so wenig wie möglich.“ Diese alte Bauernweisheit ist das Grundprinzip, wenn es um die Bodenvorbereitung bei der Dammkultur geht. Sie zielt darauf ab, das Bodenleben zu fördern und Böden aufzubauen, die sich durch Struktur und Stabilität auszeichnen. Erreicht würde das, so Turiel, in dem vollständig von mechanischer Bodenzerkleinerung und Rückverfestigung abgesehen wird, mit Grindeln lediglich lockere Dämme gezogen werden. Die Bodenaggregate blieben so erhalten, insbesondere der funktional so wichtige Ton-Humus-Komplex. Der Boden sei gut durchlüftet – Turiel spricht von einem „Lungensystem“. Die gute Durchlüftung führe zu einem stärkeren Wurzelwachstum der Kulturpflanze, welche wiederum Nährstoffe und Wasser besser aufnehmen und speichern könne. Höhere Erträge seien die Folge – und eine höhere Klimaresilienz der Böden.

Klimaresilientere Böden

Auch in Trockenperioden könnten die Böden mehr Wasser halten. Aber wie kann das sein, wenn doch die gesamte Oberfläche durch die Dämme im Vergleich zum Flachanbau größer ist? Aufgrund der größeren Oberfläche, so Turiel, sei auch die Taubildung gesteigert. Und durch das reiche Bodenleben würde das Wasser besser aufgenommen und gehalten. Zudem liege nach der Dammpflege eine trockenere Bodenschicht auf dem Dammkern, welche, wie eine Mulchschicht, vor Verdunstung schütze und eine Unterbrechung zu den Kapillaren bilde.

Diese von Julian Turiel aufgezeigten Effekte wurden von Stephan Gehrendes, Ackerbauberater von Bioland, in seinem Vortrag bestätigt. Dabei unterstrich Gehrendes die Wichtigkeit der Bodenvorbereitung: „Allein dadurch, dass ich in Dammkultur anbaue, gelingt es noch nicht.“  So sollten beispielsweise die Geräte zur Saatbettbereitung nicht zu schwer sein, es sollte kein Pflug im Vorfeld eingesetzt werden; das verhindere, dass sich die gewünschte Bodenstruktur aufbaue. Insgesamt fiel sein Fazit klar positiv aus: Dammkultur eigne sich für fast alle Kulturen; sie sei eine einfache und günstige Lösung zur Beikrautregulierung; bei der Bekämpfung von Wurzelunkräutern könnten gute Erfolge erzielt werden.

Biodiversitätseffekt: Schutz fürs Rebhuhn

Stephan Gehrendes ging auch auf die Effekte der Dammkultur auf die Biodiversität ein. Gehrendes stellte dabei die Ergebnisse eines Projektes vor, welches speziell die Auswirkungen der Dammkultur auf die Bestände von Rebhühnern untersucht hatte. Die Beobachtungen zeigen: Das Rebhuhn bevorzugt den Bereich zwischen den Dämmen; sie bieten ihm – wie auch anderem Niederwild – Schutz vor dem Fuchs. „Der Fuchs springt halt nicht gerne über Dämme.“ Zudem konnte das Nahrungsangebot für Rebhühner und andere Feldvogelarten aufgrund des aktiven Bodenlebens deutlich verbessert werden.

Kurzfristiger Turbo Dammkultur?

Enno Eilers, Betriebsleiter des Hofguts Hamborn, baut selbst seit Jahren in Dammkultur an, unter anderem Weizen, Raps, Möhren. „Die in Dammkultur nach Turiel angebauten Kulturen haben bessere Werte bezüglich der Inhaltsstoffe. So ist beim Weizen der Rohproteinanteil tatsächlich um 1 % höher.“ Und dann die kritische Frage, ob die Dämme nicht wie ein Turbo wirken, der für einige Jahre einen besseren Ertrag und dann einen ausgelaugten Boden bedeutet. Nein, so sei es nicht, meint Turiel. Schließlich würden die Nährstoffe auch aus der Luft gezogen. Andreas Abel, AbL-Mitglied und Teilnehmer des Feldtags: „Bei einem befreundeten Betrieb konnte innerhalb von 5 Jahren ein Aufbau von 0,1 % Humus erreicht werden. Das macht für mich nicht den Eindruck, der Boden würde ausgelaugt.“

Und die Technik? Ja, die kann etwas kniffelig sein. „Die Einstellung ist diffizil – insbesondere bei der Möhre“, so Eilers. Man müsse, um die korrekte Einstellung zu finden, anfänglich immer wieder absteigen und genau hinschauen. „Das ist die Schwäche des Systems. Aber dadurch habe ich auch wieder einen anderen Bezug zum Boden bekommen.“

Frauke Ganswind, Projektleitung "Ackervielfalt"